Nachhaltigkeit & Innovation

Bojen als Kraftwerke und Stinkfrüchte als Energiespeicher für die Energiewende

/ Sven Ebbing

Die Forschung an klimafreundlichen Technologien treibt regelmäßig interessante und manchmal auch kuriose Blüten. Zwei vielversprechende Projekte machten in den letzten Tagen auf sich aufmerksam: Eine Riesen-Boje, die mithilfe von Wellen Ökostrom erzeugt und eine Stinkfrucht, mit der sich Energie speichern lässt. Wir stellen die beiden Entwicklungen vor.

Offshore-Windräder, also Windkraftanlagen auf hoher See, sind weltweit ein wichtiger Eckpfeiler der Energiewende. Allerdings sind die Voraussetzungen für solche Windparks nicht an allen Orten günstig, weil der Wind nicht immer gleichmäßig und stark bläst. Verlässlicher ist da der Wellengang. Das irische Unternehmen Ocean Energy hat schon vor langer Zeit erkannt, dass man sich die Wucht der Wellen zunutze machen kann, um erneuerbare Energie zu produzieren. Zehn Jahre hat das Unternehmen in die Entwicklung einer speziellen Boje investiert, die mithilfe von Wellen einerseits Strom produziert und andererseits den Naturgewalten in Form von Stürmen und aggressivem Salzwasser trotzt.

Stolze 826 Tonnen wiegt die gigantische Konstruktion, die dank ihres Gewichts ohne Verankerung im Meeresboden auskommt und somit überall auf der Wasseroberfläche schwimmen kann. Der Clou am technischen Aufbau ist, dass die Turbine, mit der Strom erzeugt wird, nicht mit dem Meerwasser in Kontakt kommt. So sinkt die Gefahr, dass die Turbine im Laufe der Zeit beschädigt wird. Gleichzeitig besteht der Rest des schwimmenden Kraftwerks aus besonders robustem Material.

Wellen treiben indirekt die Turbine der Boje an

Das Prinzip der elektrischen Energieerzeugung ist raffiniert. Die Entwickler machen sich dabei die physikalischen Eigenschaften des Wassers zunutze. Wie der Buchstabe „L“ besteht die Boje aus einem waagerechten und einem senkrechten Teil. Der waagerechte Teil befindet sich unterhalb der Meeresoberfläche. Analog zu den Wellenbewegungen strömt das Wasser hier ein und wieder aus. Im senkrechten Teil des schwimmenden „L“ befindet sich in einer Röhre die Turbine. Unter der Turbine baut sich eine Wassersäule auf, die sich immer wieder hebt und senkt, wie die von den Wellen aufgewühlte Meeresoberfläche. Bei diesen Auf- und Abwärtsbewegungen der Wassersäule strömt Luft ein und entweicht wieder. Die Bewegungen der Luft treiben schließlich die Turbine an.

Um sich dieses Prinzip zunutze zu machen, mussten die Entwickler bei Ocean Energy die Boje unter anderem so konzipieren, dass sie nicht wie eine Flaschenpost exakt im Takt der Wellen auf dem Meer tanzt, weil dann keine Luft ein- und ausströmen würde. 1,25 Megawatt Strom können so schon produziert werden, eine weiterentwickelte Version soll gar auf 2,5 Megawatt kommen. Damit könnte eine einzelne Boje auch mit einem modernen Windrad durchaus konkurrieren. Dementsprechend wären in Zukunft auch ganze Bojen-Felder als Alternative zu Offshore-Windparks möglich. Bevor die Strom-Bojen aber in großem Maßstab eingesetzt werden können, werden sie jetzt und in nächster Zeit noch an verschiedenen Orten erprobt, unter anderem vor Hawaii und vor der Küste von Oregon im Westen der USA. Vielversprechend ist diese Technologie jedoch allemal, weshalb Ocean Energy auch staatliche Förderung aus den USA und der Heimat Irland erhält.

Alternative zu herkömmlichen Akkus: Die Stinkfrucht

Glänzt die Riesen-Boje vor allem mit ihrer ausgeklügelten Technologie, kommt eine Entdeckung von Wissenschaftlern aus dem australischen Sydney oberflächlich betrachtet reichlich kurios daher. Das Team war auf der Suche nach Alternativen zu Lithium-Ionen-Akkus, die zurzeit in allen möglichen Geräten vom Smartphone bis zum Elektro-Auto verbaut sind. Die Speicherkapazität dieser Akkus ist jedoch begrenzt, was die technische Entwicklung bremst. Fündig wurden die Forscher bei den Abfällen der Durian-Frucht, die wegen ihres unangenehmen Geruchs nach Erbrochenem auch als Stinkfrucht bekannt ist. Das Obst mit der stacheligen Schale gilt besonders in ostasiatischen Ländern als Delikatesse.

Für die Stinkfrucht als potenziell leistungsfähigen Stromspeicher spricht den Forschern zufolge vor allem die besondere Beschaffenheit der Fruchtschalen, die das Fruchtfleisch umgeben. Durch deren zahlreiche Poren lässt sich daraus besonders gut ein Aerogel herstellen. Aerogele sind äußerst poröse Materialien, die zum Großteil aus Poren und Luft bestehen. Durch ihre Eigenschaften eignen sie sich als Elektroden in Superkondensatoren. Das sind grob gesagt besonders leistungsfähige Energiespeicher.

Stinkfrüchte sind umweltverträglich herstellbar

Die Aerogele der Durian-Frucht zeichneten sich in Experimenten durch die Fähigkeit aus, Energie extrem schnell aufzunehmen und wieder abzugeben, ohne dabei zu verschleißen. Im Gegensatz zu etablierten Aerogelen etwa auf Kohlenstoff-Basis, sind Stinkfrucht-Abfälle zudem günstig und umweltverträglich zu beschaffen. Da es für eine umfassenden Energiewende wichtig ist, Ökostrom speichern zu können, könnte die ökologische Durian-Variante eines Tages eine wichtige Rolle spielen. Auch die der Stinkfrucht ähnelnde Jackfruit käme dafür infrage.

Noch ist die Speicherfähigkeit von Superkondensatoren nicht vergleichbar mit denen von Lithium-Ion-Akkus. Offene Fragen bleiben also auch hier. Der Stinkfrucht-Speicher aus Australien demonstriert aber ebenso wie die irische Strom-Boje, dass Wissenschaftler vielerorts mit viel Kreativität und Engagement daran arbeiten, neue und effiziente Lösungen für die weltweiten Umstellung unseres Energiesystems zu finden – und dabei große Fortschritte machen.

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