Nachhaltigkeit & Innovation

E-Mobilität: Klimaschutz oder Umweltsünde?

/ Jule Krause

„Elektromobilität ist weltweit der Schlüssel klimafreundlicher Mobilität“, schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf seiner Webseite. Und tatsächlich: E-Autos stoßen weniger CO2 als herkömmliche Fahrzeuge aus und können zusätzlich als Energiespeicher dienen, um Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen. Abgesehen von ihrem Beitrag zum Klimaschutz hat die Elektro-Auto-Branche das Potenzial, die heimische Wirtschaft zu stärken. Wenn die Akkus der Autos nicht mehr genügend Leistung bringen, tut sich allerdings ein Problem auf.

Globaler Markt der E-Mobilität: Norwegen und China auf den Spitzenplätzen

Elektro-Autos sind batterieelektrische Fahrzeuge und sogenannte Plug-in-Hybride, also Fahrzeuge mit sowohl Elektro- als auch Verbrennungsmotor. Norwegen und China gelten als Vorreiter im Bereich der Elektromobilität: in Norwegen ist fast jeder zweite Neuwagen ein Elektroauto, China glänzt im ersten Quartal 2018 mit einem Anstieg von 154 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was einem Anteil von zwei Prozent an Neuzulassungen entspricht und dem Land in absoluten Zahlen den Spitzenplatz sichert.

Bund fördert Ausbau der E-Mobilität

Hierzulande machen E-Autos derzeit allerdings „nur“ einen Marktanteil von etwa zwei Prozent aus. Im Februar diesen Jahres waren 29 unterschiedliche elektrische Fahrzeugmodelle deutscher Hersteller auf dem Markt; an rund 9000 Ladepunkten können die Besitzer ihre PKWs aufladen. Die Marktentwicklung soll noch weiter vorangetrieben werden. Der Bund setzt dazu auf Förderungen, unter anderem mit dem sogenannten Umweltbonus. Er beinhaltet 600 Millionen Euro und zusätzlich die gleiche Summe, die durch die Autohersteller bereitgestellt wird, um bis 2019 mindestens 300.000 E-Autos zu bezuschussen. Darüber hinaus wird der Ausbau von Ladesäulen mit 300 Millionen Euro gefördert und die KfZ-Steuerbefreiung auf 10 Jahre verlängert.

Die Bundesregierung will so das Ziel erreichen, bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bringen. Mittlerweile wird der ehrgeizige Plan jedoch angezweifelt. Eine Möglichkeit wäre es, die Klimaschutzziele im Verkehrssektor durch eine Quote für Elektroautos zu erreichen. China macht es vor und hat sich bereits für einen Pflichtanteil entschieden. Ab 2019 sollen dort mindestens 10 Prozent E-Autos unterwegs sein, ein Jahr später wird die Quote um weitere zwei Prozent angehoben. Hierbei steht die Stärkung der eigenen Industrie und Wirtschaft allerdings mehr im Vordergrund als das grüne Gewissen. Auch in Kalifornien gibt es bereits die gesetzliche Verpflichtung für emissionsfreie Fahrzeuge: das ZEV-Mandat (Zero Emission Vehicle) bestimmt, dass dieses Jahr mindestens 4,5 Prozent aller neu zugelassen PKW elektrisch sein müssen, der Wert steigt jährlich um 2,5 Prozent. In der EU wurde eine 30 Prozent-Marke für das Jahr 2030 festgelegt, Sanktionen bei Nichterfüllung fehlen allerdings.

Entsorgung von Altautos in Deutschland oft nicht ordnungsgemäß: „Noah“ soll Abhilfe schaffen

Doch was passiert, wenn Autos ausgedient haben? Bereits das Recycling „normaler“ Altautos steht oftmals in der Kritik. Während nur ein kleiner Teil recycelt wird, werden die meisten Fahrzeuge nämlich nach 15 bis 20 Jahren Lebensdauer in andere EU-Staaten, wie Polen, Rumänien und Tschechien exportiert und dort entgegen moderner Recyclingtechnik zerlegt. Die EU legte daher fest, dass PKWs ab 2015 zu 95 Prozent aus wiederverwertbaren Stoffen bestehen müssen. Dennoch: viele Autos werden nicht ordnungsgemäß entsorgt, sondern unter anderem illegal verschifft. Ein „würdiger Tod“ deutscher Autos sieht anders aus.

Aktuell sorgt jedoch ein ganz besonderes Auto für Schlagzeilen: „Noah“, ein von Studenten der TU/ecomotive im holländischen Eindhovem entwickelter Prototyp, ist das erste Auto weltweit, das sich komplett recyceln lässt. Bis Ende des Jahres soll das 350 Kg schwere High-Tech-Fahrzeug auf den Straßen unterwegs sein. Seine Widerverwertbarkeit wird durch natürliche Materialien, wie Flachsfasern und einem speziellen Kunststoff auf Zuckerbasis, ermöglicht. Zusätzlich besitzt Noah einen Elektromotor. Als Stromspeicher kommen sechs Akkus zum Einsatz.

Recycling bei E-Mobilität: Lithium-Ionen Batterien als „Umweltsünder“

Trotz ihrer generellen Umweltfreundlichkeit stehen Elektro-Autos aufgrund ihrer Akkus oftmals in der Kritik. Die Hersteller versprechen, dass der Akku eines derartigen Fahrzeuges 8 Jahre lang hält, was bedeutet, dass er dann noch mindestens 80 Prozent seiner ursprünglichen Speicherkapazität besitzt. Ist dies nicht mehr der Fall, ist der Akku nicht mehr einsatzfähig und muss ausgetauscht werden. 11 Millionen Lithium-Ionen Batterien werden zwischen 2017 und 2030 anfallen, so lautet die Prognose, doch nur 5 Prozent davon werden in der EU recycelt. Problematisch ist zusätzlich, dass bei Beschädigung giftige Gase abgegeben werden können und einige Inhaltsstoffe, wie Lithium und Kobalt, nicht  unendlich verfügbar sind. Ihre Gewinnung ist mit einem hohen Wasserverbrauch verbunden. Die Ökobilanz von E-Autos ist aus diesem Grund umstritten und es stellt sich die Frage: ist es überhaupt noch sinnvoll, auf einen Boom der Elektromobilbranche zu hoffen?

E-Mobilität: Lösungen für die Zukunft

In Zukunft sollen die Hersteller für die Sammlung und das Recycling verantwortlich sein. Dennoch: trotz der Wiederherstellung wertvoller Materialien durch einen (umweltfreundlicheren) Schmelzprozess verbleibt ein Misch-Nebenprodukt des Lithiums, von dem Lithium zwar erneut extrahiert werden kann. Dies ist jedoch mit immensen Kosten verbunden. Die Kosten des Recyclings generell stellen sich als prekär heraus, da der Wert des Rohmaterials im Vergleich zum Preis für das vollständige Recycling einer Batterie sehr gering ist. 

Eine Lösung ist das sogenannte „Second Life“. Dabei werden Altakkus weiterverwertet, indem sie als Zwischenspeicher in das Stromnetz geschaltet werden, um mögliche Engpässe erneuerbarer Energien auszugleichen. Mithilfe von Zusammenschaltungen vieler Akkus wird es möglich, überschüssigen Strom aufzunehmen und ins Netz einzuspeisen.

Das Münchner Start-Up Sono Motors hat sich darüber hinaus eine clevere Idee einfallen lassen: ein Elektroauto, welches seine Batterie durch die Sonne laden kann, indem 330 Solarzellen auf dem Dach, Heck, Motorhaube und an beiden Seiten integriert sind. Mithilfe seines Selbstladesystems soll es möglich sein, bis zu 30 km am Tag nur durch die Energie der Sonne fahren zu können. Zudem ist ein bidirektionales Laden möglich, das heißt die Energie wird nicht nur generiert, sondern auch wieder abgegeben, sodass alle elektronischen Geräte bis 2,7 kW durch die Autobatterie angetrieben werden können. Als Pünktchen auf dem i ist das Auto mit Moos im Armaturenbrett ausgestattet, um die Luft mit nachhaltig nachwachsenden Rohstoffen zu filtern.

Nur auf lange Sicht wird sich zeigen, wie sich die Elektromobilbranche weiterentwickelt. Im Hinblick auf veränderte Mobilität in den Städten und den Diesel-Skandal ist abzusehen, dass noch ein Fortschritt bevorsteht. Das umweltfreundliche Recycling der alten Akkus stellt dabei eine Herausforderung dar, die von Herstellern, Politik und Gesellschaft bedacht werden muss.

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