Interviews Politik & Wirtschaft

Bundesregierung und Klimaschutz - „Wichtig ist vor allem, dass sich etwas ändert“

Deutschland und Klimaschutzziele – das ist eine Beziehung, die viele als kompliziert ansehen würden. Bereits im Dezember 2014 legte man fest, dass bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden sollen. Damit setzte sich Deutschland forsche Ziele, deutlicher noch als die Ziele der übrigen EU-Staaten. Die Realität sieht anders aus und war abzusehen: Deutschland erreicht seine Ziele für 2020 voraussichtlich nicht.

Ein Instrument zur Senkung der CO2-Emissionen ist der sogenannte Emissionshandel. Im Rahmen unseres Themenschwerpunktes, haben wir den zuständigen Ministerium Umwelt und Wirtschaft zu diesem Thema ein paar Fragen gestellt. Zum einen wollten wir wissen, ob der Emissionshandel in dieser Weise überhaupt etwas bringt und wie die Zukunft aussieht. Zum anderen fragten wir nach dem Verkehrssektor, denn dieser Bereich hinkt bei der Emissionsminderung hinterher. Da uns das Bundeswirtschaftsministerium eine Antwort schuldig blieb, folgen nur die Antworten des Bundesumweltministeriums über einen Ministeriumssprecher.

Laut Klimaschutzbericht 2017 werden die Klimaschutzziele für 2020 nicht erreicht, kann man sagen, dass der Emissionshandel in diesem Sinne gescheitert ist? (Unabhängig davon meldet das Fraunhofer-Institut, dass die Ziele technisch erreichbar wären.)

Es besteht kein Zusammenhang zwischen den verfehlten nationalen Klimaschutzzielen für 2020 und dem europäischen Emissionshandel. Für das Verfehlen der nationalen Ziele gibt es im Wesentlichen drei Gründe: Erstens ist die Wirtschaft deutlich stärker gewachsen als vorhergesagt. Zweitens war die Bevölkerungsentwicklung positiver als gedacht. Und drittens haben wir überschätzt, um wie viel Tonnen CO2 die bisherigen Klimamaßnahmen unseren Ausstoß mindern, das gilt vor allem für den Verkehrssektor. Aktuelle Trends unter anderem bei der Wirtschaftsleistung und beim Verkehrsaufkommen lassen befürchten, dass die Lücke sogar noch größer als die derzeit geschätzten 8 Prozentpunkte ausfallen wird.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte sich bei der Vorstellung des Klimaschutzberichtes 2017 am 13. Juni wie folgt geäußert: „In der Klimapolitik hat es in den vergangenen Jahrzehnten Versäumnisse gegeben, die man nicht in kurzer Zeit wiedergutmachen kann. Wir müssen dringend wieder auf Kurs kommen und unser 40-Prozent-Etappenziel so schnell wie möglich erreichen. Wichtig ist auch, dass wir aus der Vergangenheit lernen für die nächste Etappe. Hier brauchen wir klare und verbindliche Vorgaben für jeden Bereich. Das Gute ist, dass wir die Instrumente kennen, die zum Ziel führen – erneuerbare Energien oder Elektromobilität zum Beispiel."

Angesichts dieser Tatsache, welche Herausforderungen kommen auf den Emissionshandel in Zukunft zu und was soll verbessert werden/kann verbessert werden?

Eine Reform des Emissionshandels mit dem Ziel der Verknappung der Zertifikate war dringend nötig. So würden die Preise pro Zertifikat deutlich erhöht, damit Investitionen in den Klimaschutz attraktiver werden als der Ankauf von Verschmutzungsrechten. Diese Reform ist jüngst in Gang gekommen: Mit der neuen Richtlinie, die am 1. August vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, wird der EU-Emissionshandel für die Zeit ab 2021 neu geregelt.

Das Gesamtbudget der zulässigen Emissionen verringert sich stärker als bisher; der aufgelaufene Zertifikateüberschuss wird schneller und nachhaltiger abgebaut. Gleichzeitig wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der EU durch die Fortführung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gesichert. Durch die zügig eingeleitete Umsetzung der Richtlinie in einem Zeitraum von weniger als vier Monaten gewährleistet die Bundesregierung den rechtzeitigen Start des Antragsverfahrens zur kostenlosen Zuteilung der Zertifikate im Frühjahr 2019.

Eine weitere Neuregelung der Richtlinie gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, im Falle von zusätzlichen Kraftwerkstilllegungen Emissionszertifikate zu löschen, damit zusätzliche Emissionsminderungen nicht im Gesamtbudget des Emissionshandels verpuffen. Nach dem Gesetzentwurf wird diese Option für die Anwendung in Deutschland vorgesehen. Die Löschung von Zertifikaten setzt jeweils einen Beschluss der Bundesregierung voraus.

Der Verkehrssektor hat in den letzten Jahrzehnten wenig zur Emissionsminderung in Deutschland beigetragen. Was muss sich ändern?

Wichtig ist vor allem, dass sich etwas ändert. Die Emissionsminderung im Verkehrssektor stagniert seit 2005 auf hohem Niveau und lag 2017 bei 171 Mio. t CO2-Äquivalenten.

Um unsere Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen, wird ein breites Maßnahmenbündel erforderlich sein. Dementsprechend beinhaltete bereits das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 eine Vielzahl von Maßnahmen wie zum Beispiel die Stärkung des Schienenverkehrs und des Radverkehrs sowie die Förderung der Elektromobilität.

Für die über das Jahr 2020 hinausgehenden Ziele setzt der Klimaschutzplan 2050 den maßgeblichen Rahmen. Für den Bereich Mobilität sind insbesondere ein Klimaschutzkonzept Straßenverkehr inklusive Förderung der Elektromobilität, die Stärkung des Schienenverkehrs und des ÖPNV, die Förderung von Rad- und Fußverkehr sowie eine Digitalisierungsstrategie vorgesehen.

Das konkrete „Maßnahmenprogramm 2030“ mit näheren Einzelmaßnahmen wird derzeit erarbeitet und soll im nächsten Frühjahr von der Bundesregierung beschlossen werden. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass eine Kommission aus den relevanten Akteuren mit einem Vorschlag für eine Strategie „Zukunft der bezahlbaren und nachhaltigen Mobilität“ hierzu beiträgt.

Mailinterview mit Andreas Kübler vom Presse- und Informationstab des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Weitere Quelle:
Umweltbundesamt

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