Politik & Wirtschaft

Das Ende des Verbrenners kommt – Nur nicht in Deutschland

Kalifornien möchte angesichts der gewaltigen Waldbrände den Verbrenner-Motor beerdigen. Mit diesem Vorhaben steht der US-Bundesstaat bei weitem nicht allein. Viele weitere Länder und insbesondere einige Großstädte widmen sich dem Kampf gegen Abgase und Verkehrslärm. Nur eine Nation scheint unbeeindruckt: Deutschland.

Was Kalifornien in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt, kann man sich hierzulande nur schwerlich vorstellen. Bis vor wenigen Tagen sind bisher 14.500 Quadratkilometer Wald verbrannt. Selbst da beliebte Umrechnen auf Fußballfelder bringt wenig, da die Zahl 2.000.000 Fußballfelder ebenso unvorstellbar und absurd wirkt.

Nun will der US-Bundesstaat an der Westküste nicht tatenlos zusehen und den Kampf gegen den Klimawandel intensivieren. Dafür verkündete die dortige Regierung, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrenner-Motoren mehr gekauft werden können. Weder Diesel noch Benziner. Zumindest was den Verkauf angeht. „The time for action is now“, twitterte Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien. Zwar dürfen die Fahrzeuge mit fossiler Energie weiterhin gefahren werden. Trotzdem ist es ein gewaltiger Schritt, denn Kalifornien macht immerhin 11% des gesamten Marktes der USA aus.

Autos: Viele Länder und Städte werden emissionsfrei

Und die Amerikaner sind mit diesem Vorhaben längst nicht die ersten, die diesen radikalen Schritt gehen werden. Besonders in Europa entscheiden sich immer mehr Länder und Städte für eine emissionsfreie Art der Fortbewegung. Dabei spielt nicht allein der Klimawandel die entscheidende Rolle. Viele Städte platzen aus allen Nähten. Abgase belasten die Luft und der Lärm ist ein zusätzlicher Faktor, der die Menschen vor Ort gesundheitlich. Flächenfressende Parkplätze sorgen außerdem für ein zunehmendes Engegefühl in den Städten. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Liste der künftig emissionsfreien Länder und Städte länger wird.

Wer genau hingeschaut hat, sieht, dass etwas fehlt: Deutschland und seine Städte. Schnell ändern wird sich das voraussichtlich nicht. Eher im Gegenteil. Sobald der leise Vorschlag vorgebracht wird, hagelt es prompt Kritik. So stieß eine Idee der Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) auf wenig Gegenliebe. Ihr Vorschlag ähnelt denen der aufgelisteten Städte: Bis 2030 keine Verbrenner in der Innenstadt, fünf Jahre später soll sogar ganz Berlin abgasfrei sein. Fraktionschef der FDP, Sebastian Czaja, meinte sogar, man würde die Autofahrer weiter bestrafen und vergisst dabei, dass es hier um größere Dinge als motorisierten Individualverkehr geht.

Verbrenner-Verbot: EU-Kommission macht Tempo 

Da der Alleingang einzelner Staaten in der EU durchaus streitbar sei, so der Tagesspiegel, sei es sinnig, sich die Vorschläge der EU zur Emissionsfreiheit von Fahrzeugen zu schauen. Auch auf europäischer Ebene wird derzeit darüber diskutiert, wie es weitergehen soll. Da man bis 2050 Klimaneutralität erreichen will, ist klar, dass auf absehbarer Zeit auch der Verkehr klimaneutral sein muss. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer ersten Rede zur Lage der EU angemahnt, dass mehr Tempo im Kampf gegen den Klimawandel nötig sei und man die gesteckten Ziele bis 2030 verschärft und 55% der Emissionen im Vergleich zu 1990 einspart.

Emissionsfreier Verkehr: Deutschland auf Dauer mit Verbrenner

Wenn man sich die Vorhaben der aufgelisteten Länder und Städte anschaut sowie die Folgen der Klimakrise bedenkt, mutet es seltsam, aber dann doch wenig überraschend an, dass die Automobilindustrie in Deutschland wenig begeistert ist. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wurde in ihrer Pressemitteilung direkt dramatisch und warnt vor „schwerwiegenden wirtschaftlichen Belastungen“ und sieht laut Tagesspiegel sogar „das Ende des Automobilbaus in Deutschland wie wir ihn heute kennen“.

Da die Diskussion um Klimaneutralität nicht erst seit gestern geführt wird, fragt man sich, was die Herren und (leider seltener) Frauen in den Führungsetagen der deutschen Automobilindustrie tagein tagaus treiben. Denn das Problem ist: Bis Deutschland wirklich mal über emissionsfreie Städte oder über ein Ausstiegsjahr aus dem Verbrenner-Verkauf diskutiert, vergehen sicherlich noch einige Jahre. Da aber gerade wir hier von Autos so abhängig zu sein scheinen wie kein anderes Land, muss ein Ausstieg eher verhandelt werden. Denn wenn man in fünf Jahren plötzlich einsieht, dass ein Wechsel bis 2035 notwendig ist, wird ein Wechsel noch schwieriger.


Weitere Quellen:
Berlin emissionsfrei 2035 – Artikel vom Tagesspiegel
Fahrverbote Verbrenner in weiteren Ländern
Aufstellung des Deutschen Bundestags zu Verboten
Was die Waldbrände in Kalifornien antreibt
Spiegel berichtet über Ausstiegsjahr für Verbrenner in der EU
Spiegel-Artikel zu Klimaschutzzielen von Ursula von der Leyen
Pressemitteilung des VDA zu EU-Klimazielen
Artikel des Guardian zum früheren Ausstieg aus fossiler Energie in GB (engl.)

Umfrage Besucherumfrage von unserem Energieexperten in der Speicherstadt

Am 10. September, dem Tag des offenen Denkmals, wurde die Speicherstadt Hamburg zum Schauplatz einer…

Energiepreise Strompreise für Neukunden kehren auf Vorkrisenniveau zurück

Nach zwei Jahren haben sich die Strompreise für Neukunden wieder auf das Niveau vor Ausbruch der…

Fossile Energien Atomkraft und Erdgas werden von der EU als grüne Energie klassifiziert

Das Europäische Parlament entscheidet sich trotz Kritik von Klimaschützern fürs Ökolabel für die…