Politik & Wirtschaft

Fördert deutsche Ratspräsidentschaft europäischen Klimaschutz?

/ Sven Ebbing

Am 1. Juli begann Deutschlands sechsmonatige Ratspräsidentschaft in der EU. In dieser Position haben Kanzlerin Merkel und ihre Minister die Möglichkeit, wichtige Weichen für die Zukunft zu stellen, so auch beim Klimaschutz und dem grünen Umbau der Wirtschaft. Nutzt die Bundesregierung diese Chance oder überlagert die Bekämpfung der Corona-Krise wichtige Schritte?

Geht es nach Bundesumweltministerin Svenja Schulze, wird Deutschland in der EU beim Klimaschutz Druck zu machen. "Ich glaube, dass es ein Riesenschritt nach vorne wäre, wenn die EU statt 40 Prozent 50 bis 55 Prozent einspart und wir das Ziel bekräftigen, dass wir 2050 treibhausgasneutral sein wollen. Das müssen wir jetzt wirklich auch als Europäer liefern,“ sagte Schulze mit Blick auf die Ratspräsidentschaft. Offenbar ist der Bundesregierung bewusst, welch gewaltigen Chancen für ein klimafreundlicheres Europa im Neustart nach Corona liegen. Wenn es gut läuft, nutzt Deutschland die vielleicht einmalige Gelegenheit, um mit den anderen EU-Staaten eine europaweite Energie- und Verkehrswende einzuläuten und die Weichen zu stellen, dass in Fabriken, auf Flughäfen und auf Feldern sehr bald viel weniger CO2 ausgestoßen wird. Auch die schnell voranschreitende Digitalisierung kann klimagerecht gestaltet werden, wenn rechtzeitig Vorgaben für recyclebare Elektrogeräte oder effizient betriebene Rechenzentren erlassen werden.

Vorweg gehen – auch gegen Widerstände

Schaut man auf die Debatten in der EU der letzten Jahre, wird schnell klar, dass es ganz so einfach leider nicht gehen wird und einige Nationen allzu ambitionierte Ziele kaum unterstützen werden. Zu nennen sind her Polen und Ungarn, aber auch andernorts werden allzu große Schritte wohl auf Skepsis stoßen. Umso mehr ist Deutschland gefragt, als Zugpferd vorweg zu gehen und seine starke Position in der EU zu nutzen.  Anzeichen dafür, dass die Bundesregierung dazu tatsächlich in der Lage ist, gibt es. So nimmt Deutschland bei der geplanten europäischen Wasserstoffstrategie offenbar eine bestimmende Rolle ein. Ein Entwurf weist große Übereinstimmungen mit der jüngst in Deutschland verabschiedeten Wasserstoffstrategie auf.

Der Bundesregierung muss es gelingen, insbesondere den skeptischen Regierungen die riesigen wirtschaftlichen Potenziale eines grünen Aufschwungs in Europa schmackhaft zu machen. Der Green Deal ist hier der Hebel, an dem es anzusetzen gilt. Das Großprojekt sieht unter anderem die Förderung erneuerbare Energien, klimafreundlicher Technologien und energetischer Sanierungen von Gebäuden vor und sollte vor der Corona-Krise der große Wurf von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihrem Klima-Kommissar Frans Timmermans werden.

Green Deal taugt zum weltweiten Vorbild

Unter den radikal veränderten Bedingungen stehen viele der vorgesehenen Maßnahmen wieder zur Disposition und werden von verschiedensten Interessengruppen aus Politik und Wirtschaft massiv infrage gestellt. Es liegt besonders an Angela Merkel und ihren Ministern, hier standhaft zu bleiben und den Deal ohne größere Zugeständnisse an rückständige Industrien weiterzuverfolgen. Dann könnte die EU tatsächlich endlich zum weltweiten Vorbild beim Klimaschutz werden – und Deutschland seinen hart erarbeiteten Ruf als Bremser endgültig hinter sich lassen.

Weitere Quellen:
Artikel zu den Folgen der Krise für den Green Deal auf tagesschau.de
Kommentar zu den deutschen Klima-Plänen auf neues-deutschland.de
Analyse zur EU-Ratspräsidentschaft auf dem Blog der Republik

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