Politik & Wirtschaft

Eon will Innogy übernehmen: Die Fusion und ihre Folgen

/ Sven Ebbing

Die geplante Übernahme der RWE-Tochter Innogy durch Eon hat in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt. Es zeichnet sich eine grundlegende Neustrukturierung auf dem deutschen Energiemarkt ab. Eon hat zudem angekündigt, 5000 Arbeitsplätze abzubauen. Zu den möglichen Folgen für Verbraucher und die Energiewende gibt es unterschiedliche Ansichten – nicht alle sind optimistisch.

Der Deal zwischen Eon und RWE würde für das Geschäftsmodell beider Konzerne große Veränderungen bedeuten. Eon würde sich zukünftig vor allem auf den Betrieb von Stromnetzen und dem Vertrieb von Strom konzentrieren, während RWE die Stromproduktion inklusive erneuerbarer Energien in den Fokus nimmt. Noch ist die Übernahme der RWE-Anteile an Innogy im Wert von 14,7 Milliarden Euro durch Eon nicht beschlossene Sache, weil erst Kontrollgremien, Aufsichts- und Kartellbehörden und wahrscheinlich auch die EU-Kommission zustimmen müssen. Die Unternehmen erwarten, dass das Geschäft bis Ende 2019 über die Bühne geht.

Nach Innogy-Deal: RWE bald drittgrößten Ökostromproduzent Europas

Schon jetzt ist aber absehbar, welche Unternehmensbestandteile von dem Deal betroffen wären: Eon erhielte auf einen Schlag 16 Millionen Strom-Kunden von Innogy inklusive des Verteilernetzes. Auch 4500 Ladestationen für E-Autos und Smart-Home-Angebote wären inbegriffen. RWE würde zum drittgrößten Ökostromproduzenten Europas aufsteigen. Zu dem Wachstum tragen in erster Linie die Windanlagen von Eon in den USA und in der Nordsee bei. Insgesamt haben die Ökostromanlagen des Essener Konzerns eine Kapazität von 4500 Megawatt. Innogy produziert schon jetzt 8000 Megawatt, was zusammen mit der Leistung von Eon zehn Prozent des deutschen Ökostrommarktes entspricht. Auch die Gasspeicher-Sparte würde RWE übernehmen, womit die Schwankungen bei der Produktion von Ökostrom abgefedert werden könnten. Unterm Strich kann das Geschäft beiderseits als Versuch angesehen werden, als großer Energiekonzern zwischen den vielen kleineren Unternehmen, die die Energiewende schultern, langfristig bestehen zu können.

Ob der Versuch von Erfolg gekrönt sein wird und das Geschäft die Energiewende in Deutschland tatsächlich befördert, da sind Branchenvertreter und Experten skeptisch. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kritisiert, dass der Verkauf von Eons Erneuerbaren-Sparte ein Fehler sei. „Eon hatte bisher erfolgsversprechende Geschäftsmodelle für die zukünftige Energiewende.“ Auch beim größten deutschen Ökostromanbieter Lichtblick ist man skeptisch. „Mit der Übernahme von Innogy durch Eon entsteht kein Ökostrom-Konzern“, sagte Geschäftsführer Wilfried Gillrath. Im Gegenzug werde die grüne Erzeugung von Eon und Innogy in die Hand von RWE gelegt. So „entsteht ein Konzern, der auf die Rezepte der alten Energiewelt setzt. Für die Energiewende in Deutschland ist das keine gute Nachricht.“

Übernahme durch E.on: Auswirkungen der Fusion für Verbraucher umstritten

Uneinig sind sich Experten, wie die Verbraucher von der Verschiebung der Geschäftsfelder zwischen den beiden Konzernen betroffen wären. Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW glaubt, dass die Fusion „für Endkunden kein Problem“ sei und darüber hinaus Chancen für die Stadtwerke biete. Lichtblick-Vorstand Gillrath ist weniger optimistisch: Durch den Zusammenschluss von Eon und Innogy „entsteht ein Megakonzern mit großer Marktmacht. Das gefährdet den Wettbewerb im Strommarkt und könnte auf Dauer zu höheren Strompreisen für die Verbraucher führen. Diese Fusion muss das Kartellamt sehr kritisch prüfen.“ Gillrath schlägt vor, dass die Kundenstämme von Eon-Tochterunternehmen an Konkurrenten verkauft werden müssten, um eine zu große Dominanz des neuen Konzerns zu verhindern.

Ähnliches befürchtet auch Leonora Holling. „Für Endverbraucher ist das sicherlich gar keine gute Nachricht und ich habe auch große Bedenken, was da auf uns zukommt“, sagte die Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher. „Wir haben jetzt absehbar [mit Eon] einen großen Konzern, der allein für die Verteilernetze zuständig sein wird, und wir fürchten, dass da die Endkundenpreise deutlich steigen werden.“ Holling empfiehlt Stromkunden, wachsam zu bleiben und im Zweifelsfall den Anbieter zu wechseln. Dabei solle man jedoch nicht nur auf den Preis achten, sondern etwa auch, ob der Anbieter Ökostrom vertreibt.

Furcht vor Stellenabbau nach Innogy-Deal

Ob die Verbraucher am Ende wirklich draufzahlen, ist noch nicht klar. Verlierer einer Fusion wären in jedem Fall rund 5000 Eon-Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren würden, auch wenn Eon angekündigt hat, im kommenden Jahrzehnt tausende neue Stellen schaffen zu können. Bei den kommunalen Aktionären von RWE, die insgesamt 24 Prozent der Aktien halten, fürchtet man sich ebenfalls vor einem Stellenabbau. So sagte der Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW 21, Guntram Pehlke: „Ich mache mir Sorgen um die Standorte und Mitarbeiter“. Er ergänzte: „Das Verhältnis von Eon zu den Kommunen war immer sehr distanziert. Das ist emotional etwas ganz anderes als bei RWE. Die Partnerschaft besteht seit rund 120 Jahren.“ Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU lobte die Pläne hingegen. Er halte es für „sinnvoll“, Kräfte zu bündeln.

Durch die Fusionspläne und den Austausch von Geschäftsfeldern von Eon und RWE wird auf dem deutschen Energiemarkt zweifelsohne einiges in Bewegung geraten. Welche Folgen der Deal langfristig für die Umwelt und die Verbraucher hat, bleibt abzuwarten.

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