Politik & Wirtschaft

Kohle-Kraftwerk Datteln 4: Was wird aus Kohle-Kompromiss und Energiewende?

/ Sven Ebbing

Der Kompromiss der von der Regierung eingesetzten Kohle-Kommission schien den Weg für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 endgültig geebnet zu haben. Doch nun stellen Peter Altmaier und sein Wirtschaftsministerium plötzlich mit fragwürdigen Vorschlägen die Einigung infrage – und gleichzeitig die Energiewende als Ganzes.

Das Steinkohle-Kraftwerk Datteln 4 war bisher keine Erfolgsgeschichte, sondern durfte eher als eine Art BER der Energiewirtschaft betrachtet werden. Denn ursprünglich sollte die Anlage im nördlichen Ruhrgebiet schon 2011 ans Netz gehen. Durch Pannen, Verstöße gegen Umweltauflagen und Reparaturarbeiten verzögerte sich die Inbetriebnahme des vergleichsweise modernen Kraftwerks, das mittlerweile Eons Kohle-Abspaltung Uniper gehört, um viele Jahre. In der Zwischenzeit wurde bekanntlich ein Kohle-Kompromiss ausgehandelt, der unter anderem festlegt, dass keine neuen Kohle-Kraftwerke mehr ans Netz gehen sollen. Doch nun hat das Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Peter Altmaier (CDU) einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach Uniper das Kraftwerk trotzdem im kommenden Sommer in Betrieb nehmen dürfe. Dass solch eine Entscheidung die Vorgaben des Kompromisses, an die sich die Regierung eigentlich halten wollte, grundsätzlich infrage stellt, nimmt Altmaier offenbar in Kauf. Denn wenn es erst einmal Sonderregelungen für bestimmte Kohlekraftwerke gibt, könnten auch andere Betroffene Ausnahmen für sich verlangen – beispielsweise Betreiber von Braunkohlekraftwerken.

Kohle-Kraftwerke abschalten soll freiwillig bleiben

Die Rechnung von NRW-Ministerpräsident und Datteln-Befürworter Armin Laschet (CDU), wonach durch die Inbetriebnahme des 1,5 Milliarden teuren Kraftwerks andere Anlagen eher abgeschaltet werden könnten, steht zudem auf sehr wackeligen Beinen. Der BUND rechnet mit zwei Millionen Tonnen CO2 zusätzlichen Emissionen, weil neue Kraftwerke durch ihre effizientere Technologie mehr laufen würden als alte Anlagen. Zudem plant Wirtschaftsminister Altmaier in dem Gesetzesentwurf, darauf zu verzichten, Kraftwerksbetreiber zu einer Schließung von Anlagen notfalls zwingen zu können. Bis 2026 will er Uniper, RWE und Co. nur mit Prämien dazu ermuntern, ihre Anlagen herunterzufahren. Ob damit ein fester Fahrplan eingehalten werden kann, wie es der Kohle-Kompromiss vorsieht, ist offen. Wahrscheinlich wird es noch Änderungen an dem Gesetzentwurf geben, die nun ausgesendeten Signale dürften sich allerdings schon jetzt als sehr kontraproduktiv für den Kohle-Ausstieg erweisen.

Abstandsregelung für Windräder sorgt für heftige Kritik

Das gilt auch für die Energiewende im Ganzen. Bietet der Referentenentwurf nicht schon genug Sprengstoff, ist dort auch eine verschärfte Abstandsregelung für Windräder von 1000 Metern zur nächsten Wohnsiedlung vorgesehen. Das hätte so gravierende Folgen, dass Industrie-, Windkraft- und Umweltverbände sowie Gewerkschaften in einer seltenen Allianz nun gemeinsam gegen diese Pläne mobilmachen. Sie befürchten, dass „der Ausbau von Windenergie an Land in Deutschland auf lange Zeit massiv erschwert, unter Umständen sogar zum Erliegen kommen wird“. Zugleich halten die Interessengruppen es für ausgeschlossen, dass die Bundesregierung ihr Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien bis 2030 mit weiteren Hindernissen für die eh schon gebeutelte Windkraft erreichen kann.

Energiewende droht zur Farce zu werden

Vorerst hat die Regierung die Beratungen über den Entwurf auf den 3. Dezember verschoben. Sollte sich das Wirtschaftsministerium letztendlich dennoch in den wichtigsten Punkten gegen das Umweltministerium durchsetzen, droht die Energiewende in Deutschland endgültig zur Farce zu werden.

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