Politik & Wirtschaft

Kritik am Klimapaket der Bundesregierung reißt nicht ab

/ Sven Ebbing

Seit fast drei Wochen wissen wir, wie die Bundesregierung dem Klimawandel in Zukunft begegnen will. Die Erwartungen an das Klimakabinett im Vorfeld waren gemischt, das Ergebnis hat viele Experten, Umweltschützer, Parteipolitiker und Bürger stark enttäuscht: Soll das wirklich das groß angekündigte Klimaschutzprogramm der Bundesregierung sein? Weder ambitioniert noch zielführend erscheinen die Maßnahmen.

Zur Erinnerung seien hier nochmal die zentralen Pläne aufgeführt, mit denen die Regierung Deutschland wieder zum Klimavorreiter machen will: Mit einem Zertifikate-Handel soll jede bei der Wärmeproduktion oder im Verkehr ausgestoßene Tonne CO2 einen Preis bekommen. Dieser ist bis 2025 festgelegt. Er beginnt bei 10 Euro, endet zunächst bei 35 Euro und soll danach bei maximal 60 Euro gedeckelt werden. Zudem werden Förderprogramme unter anderem für die energetische Sanierung von Gebäuden, den Umstieg auf Elektroautos und die Entwicklung energiesparender Technologien aufgesetzt. Entlastungen gibt es über eine höhere Pauschale für Pendler, niedrigere Stromkosten und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets.

Wissenschaftler sind entsetzt über mutloses Klimapaket

Die Reaktionen fielen vor allem bei Wissenschaftlern und Umweltverbänden deutlich aus. Klimaexperte Prof. Mojib Latif nannte das Programm „fast eine Null-Nummer“, die Maßnahmen seien der „kleinste gemeinsame Nenner“. Vor allem der CO2-Preis sei viel zu niedrig. Auch die großen Naturschutzverbände waren entsetzt. Der Vorsitzende des BUND Hubert Weiger warf der Regierung beispielsweise "Handlungsverweigerung" vor und kritisierte die ebenfalls verabschiedeten strengeren Abstandsregelungen für Windräder, die den Ausbau der Windenergie noch weiter hemmen dürften. Dass der CO2-Ausstoß in Deutschland wie eigentlich beabsichtigt bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 sinkt, glauben die Wenigsten.

Die Grünen, die aktuell in 9 von 16 Bundesländern Teil der Regierung sind, wollen das Klimapaket in seiner jetzigen Form im Bundesrat blockieren. Auch der Koalitionspartner SPD ist offen für Nachverhandlungen. Die Union reagierte jedoch äußerst allergisch auf die Forderungen nach Restriktionen und Verboten, wie sie Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert. Für CDU und CSU sind Anreize das große Heilmittel. Ob Verbraucher und Wirtschaft jedoch wirklich zu nennenswert klimafreundlicherem Verhalten animiert werden, wenn beispielsweise durch einen CO2-Preis von 10 Euro der Preis pro Liter Benzin nur um 3 Cent steigt, ist zweifelhaft. Auch eine höhere Pendlerpauschale wird eher dazu anregen, weiter mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Dass Bahnfahren günstiger werden soll, ist zwar zu begrüßen. Wie nachhaltig die Preissenkungen aber sein werden, ist ebenfalls fragwürdig, erhöhen viele regionale Verkehrsverbünde doch aktuell wieder die Preise.

Vielleicht steigt der CO2-Preis doch noch…ein bisschen

Dass das Klimapaket nachträglich noch zu einem mutigen, zukunftsweisenden Instrumentarium gegen den Klimawandel wird, scheint ausgeschlossen. Zu schwach sind die einzelnen Maßnahmen in der Gesamtbetrachtung. An der großen Stellschraube CO2-Preis kann allerdings noch gedreht werden. Hier sollte man den Politikern von SPD und Grünen im Interesse des Klimas viel Verhandlungsgeschick wünschen. Dass man sich am Ende auf einen deutlich höheren Startpreis von 35 bis 50 Euro einigt, wie ihn Wissenschaftler als wirksam ansehen, ist wohl nur Wunschdenken. Letztlich wird es wieder viel ums Klein-Klein gehen. Dabei hätte das Klimaprogramm doch der große Wurf werden sollen.

Bundesregierung: Auch das Klimaschutzgesetz wird offenbar abgeschwächt

Und damit nicht genug: Auch das Klimaschutzgesetz, das Teil des Klimapaketes sein soll, wird offenbar abgeschwächt. Unter anderem wird für das Jahr 2040 kein konkretes Ziel zur Einsparung von CO2 mehr festgeschrieben. Auch die Vorgabe, bis 2050 Treibhausneutralität zu erreichen, wird im finalen Referentenentwurf, der bis zum endgültigen Gesetz voraussichtlich noch an einigen Stellen verändert wird, verwaschen. Zwar sieht das Umweltministerium keine Abschwächung, die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung in Sachen Klimaschutz dürfte aber weiter beschädigt werden.

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