Minister Scheuer, bitte fördern Sie mich!
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) möchte kräftig in den Geldtopf des Bundeshaushalts greifen, um Menschen, die bei sich eine Ladesäule für ihr Elektrofahrzeug installieren wollen, mit bis zu 50% zu unterstützen. Insgesamt eine Milliarde Euro sollen dafür frei gemacht werden. Die Elektromobilität zu fördern, ist an sich keine schlechte Idee. Schließlich muss der Ausstieg vom Verbrennungsmotor irgendwann kommen und besonders der Staat sollte sich um eine geeignete Infrastruktur Gedanken machen. Allerdings kommt so langsam das Gefühl eines einseitigen Förderwahnsinns auf.
Abwrackprämie, Elektroprämie, Umtauschprämie – Ein Prämier-Minister für Deutschland
Doch gehen wir zehn Jahre zurück. Die Abwrackprämie wurde eingeführt. Nicht weil die Umwelt oder die Gesundheit der Menschen litt, sondern die Wirtschaft. Im Zuge der globalen Finanzkrise wurden Konjunkturpakete geschnürt, in denen unter anderem eine Förderung für alle Autobesitzer steckte, wenn sie ihre alte Rostlaube abgaben und ein neues Fahrzeug kaufen sollten.
Und erinnern Sie sich noch an den Plan der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen? Gut, das wird höchstwahrscheinlich nicht reichen. Mit so einer Prognose lehnt man sich kaum weit aus dem Fenster. Man befindet sich damit nicht mal in der Nähe eines Fensters. Was also tun, um die drohende, akkubetriebene Schmach abzuwenden? Na klar, eine Elektroprämie.
Aber es geht noch weiter mit den Prämien. Dieses Mal nicht von staatlicher Seite. Die Debatte um den Diesel ist in den letzten Jahren voll entbrannt. Verschiedene Maßnahmen wurden rausgekramt, um in den Städten die Luft (und vielleicht auch das Leben) angenehmer zu gestalten. Hardware-Nachrüstungen, Software-Updates oder ganz schlimm: Fahrverbote. Politik und Wirtschaft sahen aber noch eine andere Möglichkeit: Alte, dreckige Fahrzeuge gegen neue, emissionsärmere Autos tauschen. Da das für viele nicht so einfach ist, buhlen die Konzerne mit Umtauschprämien um Kunden.
GNTM mit Stadtplanern: Sounds like shit – but saves really my life
Und nun: eine weitere Prämie. Die Ladesäulenprämie. Wer bei sich in der Garage eine Ladesäule installiert, soll mit bis zu 50% vom Staat gefördert werden. Wie auch bei der Elektroprämie soll dies dazu anregen, auf ein Elektrofahrzeug zu setzen. Die Automobilwirtschaft wird den Verkehrsminister demnächst sicher als „Minister des Jahres“ prämieren. Er hat es sich einfach verdient.
Sicher können Prämien ein geeignetes Werkzeug sein. Anreizen und fördern statt bevormunden und verbieten, so sind Scheuers Worte. Aber was ist mit anderen Verkehrsmitteln? Die Städte und Kommunen gehen in Blechlawinen alltäglich unter, aber Verkehrsmittel, die wirklich für Entlastung sorgen, gehen baden. Was ist mit Menschen, die sagen, dass sie ihr Auto abgeben wollen, um Stadt und Umwelt zu entlasten? Was ist, wenn jemand sich dazu entscheidet, das eigene Auto abzuschaffen, weil die paar Wege auch mit Rad und Carsharing möglich wären?
Stattdessen wird bei aller Nicht-Förderung dem Fahrradfahrer noch mitgeteilt, er solle doch bitte einen Helm tragen. Das ist die 1-zu-1-Umwandlung stammtischparoliger Argumente in Politiksprech. Wie wäre es stattdessen mit einer Helmprämie? Wirklich sicher wäre es für Radler, wenn man die Straßen und Kreuzungen neu konzipieren würde, damit gefährliche Situationen erst nicht mehr entstehen. Die nächste Kampagne sollte also leicht bekleidete Models mit Menschen aus dem Dezernatsbereich Verkehr zeigen. Sounds like shit – but saves really my life.
Also Herr Scheuer, gehen Sie auch auf die anderen Verkehrsträger zu, und setzen ihre Anreize. Eine Förderung des Fahrrads, eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV und Investitionen in die Bahn – das wären mal Premium-Prämien. Dann ziehe ich auch meinen Fahrradhelm vor Ihnen.
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