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Grüne Europawahl: Das Europaparlament vorgestellt

/ Sven Ebbing

In gut drei Wochen finden die Europawahlen statt. Obwohl die Abstimmung enorm wichtig für die Zukunft der Europäischen Union ist, plätschert der Wahlkampf bislang nur träge vor sich hin. Nicht mit uns! Wir schauen uns an, welche Themen der Energie- und Klimaschutzpolitik die Agenda. Zuerst beschäftigen wir uns aber damit, wen und was wir da am 26. Mai 2019 eigentlich wählen. Wir präsentieren: Das Europäische Parlament.

Das Europäische Parlament mit Sitz in Straßburg und Ablegern in Brüssel und Luxemburg ist das einzige Entscheidungsorgan der EU, das von den Wählern seit 1979 alle fünf Jahre direkt gewählt wird. Der Vertrag von Lissabon, der im Dezember 2009 in Kraft trat, sieht 751 Abgeordnete vor, wobei ein Staat mindestens mit sechs und höchstens mit 96 Repräsentanten vertreten sein kann. Die Zahl der Abgeordneten richtet sich nach der Einwohnerzahl der Länder, wobei kleine Mitgliedsstaaten überproportional viele Abgeordnete stellen. Während in Luxemburg ein Abgeordneter auf rund 81.000 Einwohner kommt, sind es in Spanien circa 911.000.

Grüne Europawahl: Wahlprozedere

In Deutschland haben Wähler genau eine Stimme, da es anders als beispielsweise bei Bundestagswahlen keine Wahlkreise gibt. Sie entscheiden sich also nur für eine vorher feststehende Parteiliste und nicht zusätzlich noch für einen Wahlkreiskandidaten oder die Reihenfolge der Liste. Es gibt jedoch auch Länder, in denen mehrere Stimmen vergeben werden können. Ohnehin variiert das Wahlrecht für die Europawahl von Land zu Land beträchtlich. Nicht nur wird an verschiedenen Tagen gewählt – zwischen dem 23. und dem 26. Mai – auch hinsichtlich des Mindestalters für Wähler und Kandidaten, Sperrklauseln und der Freiwilligkeit der Wahl gibt es große Unterschiede. Während es beispielsweise in Belgien eine Wahlpflicht für alle Einwohner ab 18 Jahren, aber keine Prozenthürde gibt, dürfen in Österreich schon 16-Jährige wählen. Hier müssen Parteien jedoch mindestens vier Prozent erreichen, um ins Europäische Parlament einzuziehen. Durch die unterschiedlichen Wahlsysteme soll Rücksicht auf die nationalen Traditionen genommen werden.

Grüne Europawahl: Parteien und Kandidaten

Die etwa 400 Millionen wahlberechtigten EU-Bürger wählen wie erwähnt 751 Abgeordnete. Ursprünglich sollten es aufgrund des Brexits weniger sein, doch voraussichtlich nimmt auch das Vereinigte Königreich noch an den EU-Wahlen teil. Die Abgeordneten sind zum Großteil in derzeit acht Fraktionen zusammengeschlossen - den europäischen Parteien. Dabei handelt es sich um Parteienfamilien, die sich jeweils aus verschiedenen nationalen Parteien zusammensetzen. Ein Beispiel: Zur EVP, der Europäischen Volkspartei gehören zahlreiche nationale Parteien, darunter die CDU/CSU, die griechische Nea Demokratia, die italienische Forza Italia, die französischen Republikaner und die spanische Partido Popular.

Zum zweiten Mal nach 2014 konnten die Parteien Spitzenkandidaten für den Posten des Kommissionspräsidenten benennen. Die Spitzenkandidaten sollen den Wahlkampf stärker personalisieren und den Parteien Gesichter geben. In diesem Jahr stehen für die EVP Manfred Weber und für die europäischen Sozialdemokraten SPE der Niederländer Frans Timmermanns ganz oben auf der Liste. Ob der Wahlsieger aber tatsächlich wie vorgesehen Kommissionspräsident wird, steht auf einem anderen Blatt und wird letztlich von den nationalen Regierungschefs im Rat entschieden. Das Ziel, die seit 1979 kontinuierlich sinkende Wahlbeteiligung mit dem Instrument der Spitzenkandidaten wieder zu erhöhen, wurde bisher jedoch nicht erreicht. Nur rund 42,5 Prozent der Wahlberechtigten gab seine Stimme ab, vor 40 Jahren waren es 62 Prozent. In Deutschland stieg die Beteiligung zuletzt auch aufgrund der Spitzenkandidatur von Martin Schulz wieder auf 48 Prozent nach 43 Prozent bei den beiden Wahlen zuvor.

Grüne Europawahl: Befugnisse und Kompetenzen

Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen entwickelt sich damit gegenläufig zum stetigen Machtzuwachs des Europäischen Parlaments in den vergangenen Jahrzehnten. Zwar haben die Abgeordneten in Straßburg nach wie vor bedeutend weniger Kompetenzen als ihre Kollegen in den nationalen Parlamenten. Der wichtigste Unterschied ist, dass das Europäische Parlament keine Gesetze vorschlagen, sondern nur auf Initiativen der Kommission reagieren kann. Dennoch haben die Parlamentarier auf einer Vielzahl von Feldern bedeutenden Einfluss als „Co-Autoren“ von Verordnungen und Richtlinien. Neben dem Führungspersonal der Kommission bestimmt das Parlament unter anderem über den EU-Haushalt, die Regeln des Binnenmarkts, die Asylpolitik und auch die Energie- und Klimapolitik mit. Gemeinsam mit Kommission und dem Rat der Regierungschefs entscheidet das Parlament über EU-Verordnungen, die direkt Gesetzeskraft erlangen, und EU-Richtlinien, die den nationalen Regierungen Ziele vorgeben, die sie mithilfe eigener Gesetze und Regeln erreichen müssen. Auf einigen Gebieten wie der Handelspolitik muss das Europäische Parlament Gesetzen zustimmen, kann aber keine Änderungen vorschlagen. In der Sicherheits- und Außenpolitik haben die Abgeordneten sogar überhaupt kein Mitspracherecht.

Weil das im Vertrag von Lissabon festgelegte Gesetzgebungsverfahren sehr aufwändig ist, hat sich mittlerweile eine Praxis namens Trilog etabliert. Dabei handelt es sich um einen Dreier-Dialog zwischen dem Europäischen Rat, der Kommission und dem Parlament, bei dem von Beginn des Prozederes an nach einem für alle Seiten tragfähigen Kompromiss gesucht wird. Bei 90 Prozent aller Gesetze, an dem das Parlament direkt beteiligt ist, kam dieser Trilog in der nun endenden Legislaturperiode zum Einsatz. Zwar lässt sich kritisieren, dass die Diskussionen der Vertreter intransparent hinter verschlossenen Türen stattfinden, allerdings hat sich der Trilog als sehr effizient erwiesen.

Grüne Europawahl: Arbeitsweise

Zuletzt noch ein kleiner Blick auf den Arbeitsalltag im Europäischen Parlament. Dass die Reihen im Plenarsaal häufig spärlich besetzt sind, hat einen Grund. Denn ähnlich wie im Deutschen Bundestag findet die hauptsächliche Arbeit in den jeweiligen Fachausschüssen statt, dorthin entsenden die Fraktionen ihre Vertreter. Die Ausschüsse beschäftigen sich beispielsweise mit dem Binnenmarkt, dem Euro, Kultur und Bildung oder auch der Fischerei. Anders als im Bundestag gibt es im Parlament hingegen keine klare Trennung in Regierungsparteien und Opposition. So bilden sich bei unterschiedlichen Themen häufig neue Mehrheiten, die versuchen, Gesetzesvorhaben zu ermöglichen oder zu verhindern.

Welche Entscheidungen in der kommenden Legislaturperiode getroffen werden, entscheidet sich bei den Wahlen Ende Mai. Schon 2014 konnten rechte und linke Parteien gegenüber gemäßigten, EU-freundlichen Kräften zulegen. Ob sich dieser Trend fortsetzt, bestimmt nicht nur über das Aussehen des Parlaments in den kommenden fünf Jahren, sondern hat auch großen Einfluss, in welche Richtung sich die Europäische Union entwickeln wird.  

Weitere Quellen:
Infos der Bundeszentrale für politische Bildung
Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung​​​​​​​

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