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Öko und Bio heizen? Der „grüne“ Gasmarkt sorgt für Verwirrung

/ Jule Krause

Keine Frage, Öko ist im Trend - Tag für Tag wächst die Anzahl an Angeboten aus der grünen Ecke. In Sachen Energie hat dieser Trend den Strommarkt längst erreicht. Beim Gas ist man wie immer etwas langsamer, doch nach und nach entdeckt auch dieser Sektor sein grünes Gewissen. Allerdings mit Tücken: So lösen diverse Begrifflichkeiten Verwirrung bei Verbrauchern aus. Das Energieverbraucherportal wirft im April mit seinem Themenschwerpunkt einen genaueren Blick auf die unterschiedlichen Gasprodukte.

Auf dem Wärmemarkt hat sich Erdgas generell als klimafreundlichstes aller fossilen Energieträger durchgesetzt, schließlich wird bei der Verbrennung von Erdgas viermal mehr Energie pro CO2 frei als mit Öl oder Kohle.  Dennoch wird der fossile Brennstoff aus Lagern unter der Erde gewonnen und ist somit nur begrenzt verfügbar. Dieser Umstand und verschiedene Umweltaspekte machen Erdgas somit zum Thema der Energiewende.

Erdgas als Brückentechnologie mit gutem Image

Erdgas wird häufig als Brückentechnologie angesehen, das heißt als wichtigster Rohstoff im Übergang zu einer Energieversorgung aus 100% erneuerbaren Energien ohne CO2-Emissionen. Gaskraftwerke stoßen nämlich weniger klimaschädliches Kohlendioxid aus als Kohlekraftwerke. Durch die flexible Regelung können außerdem Stromschwankungen der erneuerbaren Energien ausgeglichen werden. Die hohe Effizienz führt darüber hinaus zur Verringerung von Brennstoffkosten und Importabhängigkeit.

Trotz seines guten Images ist Erdgas durch den Transport und die Freisetzung von Methan und Kohlenstoffdioxid bei der Verbrennung nicht zu 100% umweltfreundlich. Problematisch sind zudem fehlende Herkunftsnachweise, denn anders als bei Ökostrom ist oft nicht ausreichend gekennzeichnet, woher das Erdgas stammt. Das sogenannte Fracking, eine besonders umweltschädigende Methode zur Erdgasgewinnung, steht in der Kritik. Dabei werden giftige Chemikalien in den Boden gepumpt, um das Gas aus den Erdschichten zu lösen. Dies führt  schlimmstenfalls zur Trinkwasser- und Bodenverseuchung.

Grüner Gasmarkt: Klimabilanz ausgleichen mit Ökogas?

Ökologische Vorteile soll der Wechsel zu sogenanntem Ökogas oder Klimagas bringen - glaubt man diversen Anbietern im Gasbereich. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn hinter der Bezeichnung verbirgt sich lediglich ein Kompensations-Produkt: der Verbraucher bezieht weiterhin fossiles Erdgas und zahlt jedoch zusätzlich einen Kostenaufschlag zur Begleichung der Klimabilanz. Der Versorger fördert damit Projekte, um CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung entstehen, auszugleichen. Dies können beispielsweise Maßnahmen zur CO2-Vermeidung durch die Nutzung erneuerbarer Energien oder Naturschutzprojekte sein. Was zunächst einmal positiv klingt, steht häufig in der Kritik. Die Verbraucherzentrale sieht das Problem beispielsweise in zu vielen Gütesiegeln, deren Kriterien teilweise sehr unübersichtlich und schlecht nachvollziehbar sind. Die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der Projekte sei nicht immer sichergestellt.

Biogas aus erneuerbaren Energiequellen

Anders verhält es sich mit Biogas. Dieses entsteht in Biomasse-Anlagen durch die Vergärung organischer Feststoffe. Als Quelle dienen Dung, Abfälle aus der Lebensmittelverarbeitung,  pflanzliche Reststoffe, aber auch Energiepflanzen, die eigens für diesen Zweck angebaut werden. Biogas ist zunächst einmal klimaneutral, da nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie die pflanzlichen Ausgangsstoffe vorher im Wachstum gebunden haben. Zu beachten ist, dass es sich bei den meisten Angeboten nicht um ein reines Bio-Produkt handelt, wie der Name zunächst vermuten lässt, sondern oft nur um Anteile von 5 bis 30 Prozent. Biogasanteile werden also dem fossilen Erdgas beigemischt.

Auch hier gibt es einen ökologischen Haken, da nur Biomethan aus Grünabfall unbedenklich ist. In der Kritik steht, dass Dünger und Gülle aus Massentierhaltung eingesetzt werden - entgegen des ursprünglichen Gedankens, durch Biogas die Umwelt nachhaltig zu schützen. Zudem werden bei hoher Nachfrage Grünflächen in Ackerland umgewandelt.

„Power-to-Gas“: synthetisches Erdgas aus Ökostrom als Lösung für die Energiewende?

Die relativ neue „Power-to-Gas“ (Strom-zu-Gas)-Technologie verspricht, aus Ökostrom Gas zu gewinnen und somit zusätzlich als Speichermedium der Energiewende zu funktionieren. Überschüssiger Ökostrom wird dabei genutzt, um durch das Verfahren der Elektrolyse Wassermoleküle in ihre Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten und letzteren in das Erdgasnetz einzuspeisen. Der Wasserstoffanteil im Erdgasnetz ist zwar technisch begrenzt, doch Wasserstoff kann zusätzlich durch die Anreicherung mit Kohlendioxid in künstliches Methan umgewandelt werden. Die Speicherung im Erdsgasnetz und anschließende Verwendung zur Wärmeversorgung oder als Treibstoff für Erdgasautos wird dadurch ermöglicht.

“Power-to-Gas“ als Möglichkeit, geringe Stromspeicherplätze zu erweitern und zusätzlich Erdgas einzuspeisen, klingt zunächst vielversprechend. Dennoch gibt es auch hier Kritik: durch große Mengen Wasserstoff wird die Qualität des Erdgases vermindert. Außerdem bleibt durch Energieverluste aufgrund von Wasserstoffumwandlung und Herstellung des synthetischen Methans wesentlich weniger Energie übrig als ursprünglich. Konzepte zur Steigerung der Effizienz sind im Testbetrieb, staatliche Förderungen fehlen derzeit aber noch.

Ökogas und Biogas sind – anders als umweltfreundlicher Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen – in ökologischer Hinsicht umstritten. Wer sich für einen Wechsel zu Ökogas entscheidet, sollte sich vorher ausreichend informieren, um den klimafreundlichen Nutzen des vom Anbieter beworbenen Emissionsausgleichs sicherzustellen. Geprüfte Zertifikate und Labels können hier eine sinnvolle Orientierung bieten, um klimafreundliche Ökogastarife ausfindig zu machen. Investitionen in Klimaschutzprojekte lösen das Problem der Treibhausgase nicht vollkommen, sondern verschieben sie eher, dennoch ist Engagement für den Umweltschutz  wichtig und sinnvoll. Bei Biogas sollte ebenfalls auf Zertifikate geachtet werden, die strenge Nachhaltigkeitskriterien einbeziehen. Auch der Anteil des Biogases ist entscheidend. Genaues Hinsehen und Vergleichen ist hier also von großem Vorteil. Die Verknüpfung von Strom- und Erdgasnetzen bei „Power-to-Gas“  scheint besonders hinsichtlich der Energiewende eine innovative Lösung, die jedoch noch in den Kinderschuhen steckt.

Weitere Quellen:
Interview der Seite Umweltblick mit Greeynpeace Energy
Beitrag der Verbraucherzentrale
Artikel zu Power-to-Gas aus dem Handelsblatt

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