Verbraucherthemen

Wechselportale: Trickserei im Tarifranking

Wer auf Wechselportalen im Netz nach Energie-Tarifen sucht, findet auf den ersten Plätzen regelmäßig Angebote, die sich gegenseitig im Preis unschlagbar unterbieten. Wer hier zuschlägt, kann augenscheinlich eine Menge Geld sparen. Aber ist das wirklich so? Wo liegen hier mögliche Fallstricke und worauf sollte man achten – damit am Ende nicht der große Ärger kommt.

Mit der Liberalisierung des Strommarktes kam auch der Wettbewerb. Das ist an sich eine gute Sache. Verbraucher können - wenn sie der Meinung sind, zu viel für ihren Strom zu zahlen – unkompliziert zu einem anderen Anbieter wechseln. Dieser Prozess ist heute problemlos und einfach zu handhaben und oftmals nur ein paar Mausklicks entfernt.

Konkurrenz: Wechselportale erfinderisch

Anbieter müssen sich dementsprechend überlegen, wie sie deutlich attraktiver für den Kunden werden als die zahlreichen Mitbewerber. Das führt mitunter zu  den seltsamsten Tarif-Konstrukten und immer höheren Boni-Versprechen, um  möglichst viele Kunden an sich  zu ziehe. Boni zählen dabei zu einem der beliebtesten Mittel, um bei Vergleichsportalen, wo das wichtigste Kriterium der Preis ist, die ersten Plätze belegen zu können – schließlich werden diese bei den meisten voreingestellten Suchergebnissen mit in den Gesamtpreis eingerechnet.

Scheinen die bestplatzierten Tarife  nun erstmal besonders günstig, ist der Blick aufs Detail wichtig, denn Arbeits- und Grundpreise der Angebote liegen meist auf Niveau anderer Anbieter. Das kann zu zwei Problemen führen. Zum einen kann der Jahrespreis in die Höhe schnellen, wenn aus bestimmten Gründen, eine Auszahlung der Boni ausgeschlagen wird. Zum anderen sind die Versorgerpreise für das zweite Jahr deutlich höher und liegen damit auf Niveau „normaler“ Anbieter. Eine eingeschränkte Preisgarantie für das erste Jahr bedeutet zudem für das zweite Jahr: Eine Erhöhung der Preise ist nun möglich.

Eine mögliche Trickserei im Tarifranking: zu hohe Boni 

Das Wort „bonus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet schlicht „gut“. Beispiele dafür, dass die Praxis hoher Boni nicht immer „gut“ sein muss, findet man im Energiemarkt immer wieder. Hin und wieder sorgen bestimmten Bedingungen, die in den AGB festgehalten werden, dafür, dass sie nicht ausgezahlt werden. Dies ist besonders ärgerlich, da eben die Boni Grund für die günstigen Tarife sind. Dass Versorger die Bonuszahlungen einfach überweisen, passiert selten. Es wird meist mit der ersten Jahresabrechnung verrechnet. Schwierig wird es, wenn der Versorger in seinen AGB einen Bonus nur dann gewährt, wenn im ersten Vertragsjahr nicht gekündigt wird. Wer also fristgerecht kündigt, um nach einem Jahr Vertragslaufzeit wieder zu wechseln, bekommt eventuell nichts gutgeschrieben. Bei sogenannten Paket-Tarifen oder solchen, die einen Mindestverbrauch erfordern, kann es ebenfalls zu Problemen kommen. ABGs zu studieren ist zwar lästig, kann aber vor unangenehmen Überraschungen schützen. Wer sich unsicher ist, kann Verbraucherzentralen um Rat fragen.

Tarifranking: Ein Blick in die AGBs ist unverzichtbar

Weitere Klauseln, mit denen sich in den vergangenen Jahren auch Gerichte auseinandersetzen mussten, betreffen ebenfalls die Zahlung von Boni. So können diese z. B. entfallen, sobald der Strom unter anderem für gewerbliche Zwecke genutzt wird. Unkonkret bleibt, was damit genau gemeint ist. Gilt der Terminus „gewerbliche Zwecke“ bereits, wenn man mal im Home Office arbeitet?

Das Oberlandesgericht Köln hat sich mit dieser Frage zumindest schon beschäftigt und der 365 AG (almado-ENERGY) verschiedene Klauseln in den AGB untersagt, die die Boni-Zahlungen ausblieben ließen, sobald der Kunde geringfügig Strom zu gewerblichen Zwecken nutzte oder Wärmepumpen sowie Photovoltaikanlagen besaß. Ebenfalls war eine Umstellung der Zahlungsweise der monatlichen Abschläge nach Kündigung des Kunden unzulässig. Nach der Kündigung sollte der Kunde die monatliche Überweisung selber anordnen, kam er dieser Aufgabe nicht nach, wurde kein Bonus ausgezahlt. Das OLG sah die kleinen, aber für den Kunden bedeutsamen Regelungen in den AGB für unwirksam.

Die Faulheit der Kunden als Strategie der Konzerne

Weiteres fragwürdiges Vorgehen einiger Anbieter ist die verschleierte Ankündigung von Preiserhöhungen. Im besten Fall ist die Ankündigung einer Preiserhöhung mit der Angabe von neuem und altem Strompreis am Anfang einer E-Mail oder Brief erkennbar. In der Vergangenheit musste sich zum Beispiel die ExtraEnergie GmbH der Entscheidung eines Gerichts beugen. Das Unternehmen hatte in der E-Mail mit dem Betreff „Energiemarktentwicklungen- und -preis-anpassungen“ erst auf einer der Folgeseiten über die Erhöhung des Strompreises unterrichtet. Das führt laut Auffassung des Gerichts dazu, dass Kunden eine Preiserhöhung „untergejubelt“ werden könnte und diese von ihrem Recht, bei einer Erhöhung zu kündigen, nicht Gebrauch machen.

Generell lässt sich sagen, dass der Markt für Personen, die in Sachen Energie versuchen, den günstigsten Weg zu gehen, viele Möglichkeiten bietet. Bei steigenden Preisen für Strom und Heizen, ist diese Strategie mehr als nur verständlich. Allerdings hat niemand etwas zu verschenken: So bauen viele Anbieter auf die Faulheit der Kunden, die AGB nicht zu lesen oder bestimmte Fristen nicht einzuhalten. Wer immer alles im Blick behält, kann sich für einen supergünstigen Tarif entscheiden, wer an bestimmte Dinge öfters mal erinnert werden muss, sollte davon die Finger lassen.

Weitere Quellen:
Beitrag von Verbraucherhilfe-Stromanbieter
Beitrag von n-tv zu Discount-Anbietern

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