Nachhaltigkeit & Innovation

Das Plastik der Ozeane: Abseits der politischen Ohnmacht forscht die Jugend und wird aktiv

/ Jule Krause

Ein Müllteppich schwimmt auf den Weltmeeren - insgesamt mehr als 270 Millionen Tonnen Plastik, wie in unserem Eingangsartikel zu diesem Thema bereits berichtet. Dem dringenden Handlungsbedarf stehen Jahre politischen Stillstands gegenüber. Abseits der großen Bühne der globalen Entscheidungsträger haben derweil zwei junge Menschen zukunftsweisende Technologien entwickelt, um eines der größten Umweltprobleme der heutigen Zeit anzugehen. Ein Blick auf die Projekte lohnt sich.

„The Ocean Cleanup“- Idee plastikfreier Ozeane 

Eines dieser Projekte ist „The Ocean Cleanup“ und hat sich das Ziel gesetzt, die Ozeane von Plastikmüll zu befreien. Was mit einem Einfall des damals 16-Jährigen Niederländers Boyan Slat begann, revolutioniert derzeit den Umweltschutz. Das erste System soll bereits dieses Jahr installiert werden.

Alles begann mit einem Urlaubserlebnis des Schülers in Griechenland im Jahr 2011. Der junge Niederländer war verwundert, mehr Plastikmüll als Fische zu sehen und schockiert darüber, dass anscheinend niemand etwas dagegen unternimmt. So entstand die Idee, die Ozeane selber zu reinigen. Innerhalb einer einjährigen Experimentierphase entwickelte er das Konzept für ein passives Konzentrationssystem zur Beseitigung des Plastikmülls. Der mittlerweile 23-Jährige begann ein Studium der Raumfahrttechnik, arbeitete parallel aber immer weiter an seinem System. Nach 6 Monaten gründete er schließlich „The Ocean Cleanup“ mit nur 300 Euro Startkapital. Im März 2013 ging das Video eines seiner Vorträge viral, was es dem jungen Mann möglich machte, ein Team für sein Projekt zu rekrutieren und die ersten finanziellen Zuschüsse zu gewinnen.

Plastik aus dem Ozean sammeln: Wie soll das gehen?

Trotz schwerwiegender Folgen für Ökosystem, Wirtschaft und Gesundheit von Mensch und Tier sammelt sich immer mehr Plastik in den Ozeanen an. Das daraus nach und nach entstehende, gefährliche Mikroplastik  konzentriert sich vor allem auf fünf natürlichen Meeresströmungswirbeln. Diese Beobachtung ist Grundlage für die Technologie des „Ocean Cleanup“. Die Bewegung der natürlichen Ozeanströmungen soll nämlich genutzt werden um Geld, Arbeitskraft und Emissionen einzusparen – damit sich der Ozean selbst reinigt. Während eine konventionelle Säuberung mit Netzen  tausende von Jahre dauern und sehr kostenintensiv sein würde, benötigt das System des jungen Niederländers keine externe Energiequelle und wird ausschließlich durch die Strömung des Meeres und Solarenergie angetrieben. Die Technologie besteht aus drei zentralen Komponenten: ein Rohr aus einem langlebigen Kunststoff wird mit einem Filter verbunden, der den hauptsächlich an der  Meeresoberfläche schwimmenden Plastikmüll auffängt. Anders als bei Netzen werden die Meereslebewesen nicht in Gefahr gebracht, denn sie können problemlos unter dem Filter hindurchschwimmen. In 600 Meter Tiefe wird zusätzlich ein Anker angebracht, welcher das ganze System verlangsamt und es dazu bringt, sich automatisch mit den Strömungen mitzubewegen. Wenn das System gefüllt ist, pumpt ein Schiff den Plastikmüll ab und fährt zum Recycling oder Weiterverkauf an Land. So sollen beispielsweise 50% des großen Pazifikmüllflecks (Great Pacific Garbage Patch) zwischen Hawaii und Kalifornien innerhalb von 5 Jahren von Plastik befreit werden.

2016 wurde bereits der erste Prototyp erfolgreich in der Nordsee installiert, dieses Jahr soll das erste komplette System im Pazifik folgen. Dazu arbeitet das Team mit weltweit bekannten Offshore-Unternehmen und Instituten zusammen.

Modernes Design trifft auf hocheffiziente Technik: „Pacific Garbage Screening“

Auch in Deutschland werden innovative Projekte entworfen, um dem Müllproblem ein Ende zu setzen. So zum Beispiel „Pacific Garbage Screening“. 2013 machte die damalige Aachener Architektur-Studentin Marcella Hansch die gleiche Erfahrung wie Boyan Slatt beim Tauchen. Sie machte sich ebenfalls auf die Suche nach einer Lösung, zunächst in Form der Abschlussarbeit ihres Masterstudiums. Schließlich entwarf Hansch ein Gerät zur Säuberung der Meere: eine moderne Plattform mit innovativem, kammähnlichem Design. Ingenieure der Universität berechneten das Konzept; es folgte die Gründung eines Teams. Dies arbeitet mittlerweile als Verein unter Hochtouren daran, die Technologie tatsächlich einzusetzen: der Bau eines kleinen Prototyps ist bereits in Planung.

Plastik aufsammeln: Bundespreis ecodesign für nachhaltige Technologie

Die Überlegung: Plastikmüll und kleinste Partikel könnte durch ihren eigenen Auftrieb an die Meeresoberfläche schwimmen und dort herausgefischt werden. Die riesige Plattform, die dazu eingesetzt werden soll,  ist 400 x 500 Meter groß und besteht aus einem Kanalsystem, welches bis zu 40 Meter unter die Oberfläche reicht. Die spezielle Form beruhigt die Wasserbewegungen, sodass das Plastik nicht mehr am Auftrieb gehindert wird. Der Vorteil dabei: auch hier wird kein Netz- oder Filtersystem benötigt, das Meeresbewohner behindern oder verletzten könnte. Die junge Erfinderin überlegte außerdem, das so gefilterte Plastik als Energie- und Rohstoffquelle zu nutzen: nach der erfolgreichen Entfernung aus dem Meer soll es vergast werden, um CO2 und Wasserstoff zum Betrieb der Plattform und zur Aufzucht von Algenkulturen zu gewinnen, um letztendlich neuen, biologisch abbaubaren Kunststoff herzustellen. 2016 gewann das Team den Bundespreis ecodesign in der Kategorie Nachwuchs, eine Auszeichnung für innovative Zukunftsprojekte.

Dies sind nur einige ausgewählte Projekte von jungen Menschen, die das globale Plastikproblem bekämpfen. Sie haben erkannt: der Schutz des Ozeans und der Tierwelt kann von jedem in Angriff genommen werden, es bedarf lediglich einiger guter Ideen und Durchhaltevermögen. Erfreulich ist, dass das Thema mittlerweile immer mehr an öffentlicher Aufmerksamkeit gewinnt. Immer mehr innovative Projekte zeigen: noch ist es nicht zu spät, sich für die Erhaltung des Ozeans zu engagieren.

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