Politik & Wirtschaft

Erleichterung und Kritik: Entscheidung zu Windkraft und Solarenergie

Die GroKo hat sich überraschenderweise kurzfristig auf Regelungen zum Windkraftausbau und zur Abschaffung des sogenannten Solardeckels geeignet. Das sorgt grundsätzlich für Erleichterung in der Branche. Allerdings mischen sich unter die zahlreichen Reaktionen auch kritische Töne am Umgang der Regierung mit dem Ausbau der Energiewende. Wir geben einen Überblick.

Erst in der vergangenen Woche haben wir darüber berichtet, wie die Schwerfälligkeit der Politik die Solarbranche bedrohen könnte, nun gab es direkt am Montag eine gute Nachricht. Der Solardeckel, der nur noch für dieses Jahr eine Förderung für Solaranlagen garantierte, ist Geschichte. Daneben hat sich auch etwas bei der Onshore-Windkraft getan. Wie bereits im vergangenen Jahr diskutiert worden ist, sollen Windkraftanlagen einen Abstand von 1000 Metern zu Siedlungen nicht unterschreiten. Diese Entscheidung wird nun den Ländern überlassen. Die 1000 Meter gelten als Vorgabe, von der die Regelungen in bestimmten Regionen abweichen könnten.

Altmaier sieht ein „hervorragendes Ergebnis“ für Windkraft und Solarenergie

Die Erklärung hierzu gaben am Montag die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Carsten Linnemann (CDU/CSU) und Matthias Miersch (SPD): Man habe bei der Abstandsregel eine Einigung gefunden und werde den Solardeckel „unverzüglich aufheben“. Außerdem sehe man „gerade im Lichte der Coronakrise“ die Notwendigkeit einer Beschleunigung von Investitionsvorhaben. Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) bezeichnete die Einigung als ein „hervorragendes Ergebnis für die Energiewende und den Klimaschutz“. Gleichzeitig sei sie ein starker Impuls für Konjunktur und Beschäftigung. Warum dieses Ergebnis so lange auf sich warten ließ, ging aus der Mitteilung indes nicht hervor. Die Aussage, dass man den Solardeckel aufheben werde, „bevor er ausgeschöpft ist“, kommt dann doch relativ spät.

Dennoch waren die Reaktionen auf die Meldung grundsätzlich positiv. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) twitterte auf ihrem eigenen Kanal: „Das ist eine gute Nachricht für den Klimaschutz! Ich bin froh, dass die Fraktionen sich in dieser Frage verständigt haben. Das wird den erneuerbaren Energien den notwendigen Auftrieb geben.“

Windkraft- und Solarbranche atmet spürbar auf

Die Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Energiewirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, freut sich darüber, dass die „monatelange Hängepartie“ endlich zu Ende sei. Die Abschaffung des Solardeckels sei „überfällig“. Ebenso wird die Länderregelung bei der Windkraft begrüßt. „Es kommt jetzt auf die Bundesländer an: Sie müssen den Windkraftausbau aktiv unterstützen.“, erklärt Andreae. Ganz ähnlich formuliert auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) seine Meinung. „Der Solardeckel und das Abstandsgerangel sind nun da, wo sie hingehören, ein Kapitel politischer Possen in den energiewirtschaftlichen Geschichtsbüchern“, meint Geschäftsführer Robert Busch und mahnt, dass man zwar den Fuß von der Bremse genommen hätte, allerdings dennoch aufs Gas treten solle.

So groß die Kritik in den vergangenen Wochen und Monaten in den Branchen war, so positiv wurde diese eher überraschende Nachricht aufgenommen. So begrüßt der Bundesverband WindEnergie (BWE) die neuen Regelungen, dass beispielsweise die 1000 Meter-Grenze ein maximaler Wert sei. „Dies erlaubt es den Bundesländern weiterhin, mindestens 2% der Fläche für Windenergie an Land bereitzustellen. So können wir bis 2050 mit einer ähnlichen Anlagenzahl wie heute die Kapazität vervierfachen und 770 TWh sauberen Strom für die Energiewende liefern“, so BWE-Präsident Hermann Albers. Auch die Solarbranche sah sich mit düsteren Zukunftsprognosen konfrontiert, sollte der Solardeckel nicht doch noch fallen. Mit einem Deckel hätte man mit einer Halbierung des Solarmarkts rechnen müssen, und damit massive Schäden in der Solarwirtschaft. „Wir hoffen, dass dies tatsächlich die lang ersehnte Rettung ist. Jetzt dürfen wir keine Zeit mehr verlieren. Bereits in der kommenden Woche muss die Einigung Gesetzeskraft erlangen, damit der Solardeckel gerade noch rechtzeitig fällt,“ erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW).

Alles besser für Windenergie und Solarstrom: Ein paar Stimmen bleiben kritisch

Alles positiv also? Es gibt zumindest an einigen Stellen noch verhaltenen Optimismus, aufgrund der verschleppten Entscheidung. Der Ökostrom-Anbieter Greenpeace Energy gibt zu bedenken, dass sich die Maßnahmen, auf die man sich geeinigt habe, bei Weitem nicht ausreichen würden, um ein angemessenes Tempo in Sachen Klimaschutz einzuhalten. „Da muss noch mehr kommen“, meint Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation. Der Ökostrom-Anbieter LichtBlick kommentiert auf Twitter „Endlich! Die GroKo scheint den Weg für das Ende des PV-Deckels freizumachen. Nichts wie weg damit. Und dann die Weichen für das Solarzeitalter neu stellen. Es ist höchste Zeit.“ Ebenfalls kritisch äußern sich die Elektrizitätswerke Schönau (EWS). Sie twittern, dass damit zu rechnen sei, dass die „Hardliner der CDU/CSU“ weiter bremsen. „Der Druck muss hoch bleiben!“.

Neben den Anbietern von Ökostrom gibt es leichte Kritik von Umweltverbänden. So bezeichnet der BUND die Einigung als ein Schritt in die richtige Richtung, „der leider viel zu kurz ausfällt“. Laut Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation, wäre eine umfassende EEG-Novelle, die ambitionierte Ausbauziele und -pfade festlegt und EU-Vorgaben für Bürgerenergie umsetzt, ein „echter Durchbruch“ gewesen. Diese Entscheidung sei eher „viel Lärm um wenig.“ Die Deutsche Umwelthilfe bezeichnete die Entscheidung sogar als „faulen Kompromiss“. Das Zögern beim Solardeckel habe zu großen Schaden geführt und pauschale Abstandsregeln könnte es nun auch auf Landesebene geben.

Mehr zum Thema:
Solardeckel statt Corona: Politik bremst Branche
 

Weitere Quellen:
Pressemitteilung des BMWI zur Entscheidung
Stellungnahme des BDEW zur Entscheidung
Stellungnahme des bne zur Entscheidung
Pressemitteilung des Bundesverband WindEnergie

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